9. November – 26. November 2023

 

Meisterschüler*innen im Weißenhof-Programm der Bildenden Kunst der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart

 

Area of Effect

 

Nina Aeberhard, Eunyoung Bae, Ezgi Böttger, Natalie Brehmer, Juli Gebhardt, Victoire Gonzalvez, Hyunjeong Ko, Da Shi


Vom 9. bis 26. November 2023 zeigen die acht Absolvent*innen des Weißenhof-Programms (Jahrgang 2021) der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK Stuttgart) ihre Arbeiten in der Villa Merkel, Galerie der Stadt Esslingen.

 

Die Präsentation „Area of Effect“ bildet den Abschluss und Höhepunkt des postgradualen Studiengangs „Meisterschüler*in im Weißenhof-Programm der Bildenden Kunst“, in dem herausragende Künstler*innen innerhalb von drei Semestern ein Vorhaben entwickeln und umsetzen. Mit der aktuellen Präsentation führen die Akademie und die Villa Merkel die erfolgreiche Kooperation der vergangenen Jahre fort.

 

Die künstlerischen Positionen des Jahrgangs bieten mit vorwiegend installativen Werken ein spannendes Zusammenspiel mit den Räumen der Villa Merkel. Acht sehr unterschiedliche Positionen finden auf ihre Weise zusammen.

 

Nina Aeberhard kombiniert Fotografie, Text und verschiedene Materialien. Ihre minimalistischen Werke setzen sich behutsam und präzise mit Material, Form und Sprache auseinander.

 

Die raumgreifenden Installationen von Eunyong Bae sind inspiriert vom Kreislaufsystem des Körpers. Die Künstlerin beschäftigt sich mit Zuständen wie Gleichgewicht, Veränderung durch natürliche Prozesse und unterschiedlichen Aggregatzuständen.

 

Die Arbeiten von Ezgi Böttger konzentrieren sich unter anderem auf Konzepte von Identität, Geschlecht, Kultur und Sprache. Die in der Villa Merkel präsentierte Arbeit entlarvt Geschlechterklischees. Alltägliche Vorstellungen von Geschlechterrollen in Bezug auf Sprache oder Bekleidung werden durch einfache Mittel auf den Kopf gestellt.


Natalie Brehmer untersucht die Berührungspunkte zwischen Kunst und Leistungsdruck, Selbstoptimierung und Wettbewerb. Dabei arbeitet sie mit Gegenständen aus der Leichtathletik. Unter anderem präsentiert sie eine Leichtathletik-Tartanbahn im Haus und macht den Ausstellungsraum so zum Erfahrungsraum des Leistungsdenkens.

 

Juli Gebhardt beschäftigt sich mit den Strukturen von Arbeit und Freizeit und deren Entgrenzung im Kontext der Digitalisierung. Für ihre Präsentation im Lichthof arbeitet die Künstlerin mit Büroschreibtischen aus dem Fundus der Stadt Esslingen, die sie als zentralen multifunktionalen Tisch installiert. Während der Ausstellung wird sie die investierte Zeit aller Beteiligten und Besucher*innen durch eine Stechuhr mit Stempelkarten erfassen.

 

Die Elemente in den Installationen von Victoire Gonzalvez sind inspiriert von dem Zusammenhang von Hygiene und Jungfräulichkeit. Auf unterschiedlichen Ebenen werden die symbolische und die körperliche ˈReinheitˈ einer Jungfrau, aber auch ein allgemeines gesellschaftliches Bestreben nach Reinheit thematisiert.

 

Hyunjeong Kos Installationen werden von Elektromotoren angetrieben und entwickeln als bewegende Skulpturen eine feine poetische Dynamik. Zusammenfügungen von industriell vorgefertigten Materialien entwickeln neue und teils absurde Funktionen und Rhythmen.

 

Als einziger Maler des Meisterschüler*innenjahrgangs entzieht Da Shi seinen Bildern die Schärfe und verfolgt das Anliegen, asiatische und europäische Bildsprache zu verschmelzen. Wiederkehrende Lichtpunkte und helle Schimmer stehen für eine universale positive und hoffnungsvolle Bildsprache.

 


Im Anschluss an die Präsentation entsteht, herausgegeben von der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, ein umfangreicher Katalog.

 

Die diesjährige Ausstellung wird gefördert von der Stiftung Landesbank Baden-Württemberg, der SV SparkassenVersicherung, Alfred Ritter GmbH & Co. KG und der Péter Horváth-Stiftung.



06. August – 22. Oktober 2023

 

Surface Treatments
150 Jahre Zeit

 

Ann-Kathrin Müller, Julia Schäfer und Judith Engel

 

Eröffnung: 05. August 2023, ab 17 Uhr mit Schaumwein und Jubiläumsbombe


150 Jahre Villa Merkel: Was feiern wir? Das ortsspezifische Ausstellungsprojekt Surface Treatments – 150 Jahre Zeit gräbt sich tief unter die Oberfläche der Geschichte und befragt künstlerisch das Jubiläum des Gebäudes. Die Künstlerinnen Ann-Kathrin Müller, Julia Schäfer und Judith Engel tragen metaphorisch Schicht für Schicht der ehemaligen Industriellenvilla ab und legen deren Verspachtelung mit der Gegenwart kritisch frei.

 

Die Villa – vom Großindustriellen Oskar Merkel 1873 erbaut und 100 Jahre lang Lebensmittelpunkt seiner Familie und Nachfahren – wird als Setzung der Kuratorin Laura Becker auf ihre ursprüngliche Funktion als Wohnhaus rückgebaut. Nachträglich eingezogene Ausstellungswände werden eingerissen, verstellte Türrahmen und Fenster sichtbar und über 40 Türen wieder eingehängt. Die metaphorischen Tiefenbohrungen der Künstlerinnen fördern verschüttetes Wissen und Archivobjekte wie historische Kniestrümpfe aus Esslinger Wolle, analoges und digitalisiertes Filmmaterial, fotografische Reproduktionen und eine Leuchtreklame zu Tage, denen Besucher*innen in der Ausstellung begegnen. Neben tatsächlichen Sondierungen des Wandanstrichs versteht sich die archäologische Herangehensweise der Künstlerinnen im übertragenen Sinne: Welche gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Erzählungen zeigen sich in den Dingen der Vergangenheit? Wie lassen sich diese Erzählungen freilegen und lesbar machen? Welche Narrative überdauern und wie verorten wir uns heute dazu?

 

Die ortsspezifischen und ortskritischen Interventionen schlagen Verbindungen zwischen den Zeiten. Die Vergangenheit des Gebäudes erzählt einerseits vom Erfolg und Kapital des Unternehmens Merkel & Kienlin, einer aufstrebenden Kammgarnspinnerei. Andererseits ist diese Fortschrittsfabel gleichzeitig eine Geschichte von Lohnarbeit, Zwangsarbeit und unbezahlter reproduktiver Arbeit. In der künstlerischen Auseinandersetzung wird das Gebäude als Symbol kapitalistischen Erfolgs zu einer fragwürdigen Konstruktion. Das Offenlegen verdrängter Schichten macht erzählbar, auf wessen Kosten die vermeintliche Erfolgsgeschichte wirtschaftlichen Wachstums geschrieben wurde: Frauen, Gastarbeiter:innen, Zwangsarbeiter:innen, rechtslose Arbeitskräfte in Niedriglohnländern.

 


Die Künstlerinnen spannen von den Objekten der Vergangenheit aus Erzählstränge in die Gegenwart und fragen danach, wie das „Gestern“ den Blick in die Zukunft färbt.


Die Geschichte des Hauses wird in Surface Treatments – 150 Jahre Zeit zu einer Geschichte der Arbeit, die die Künstlerinnenin eine dystopisch erhitzte Gegenwart ragen lassen. Über die Verschränkung von schwäbisch-kapitalistischem Arbeitsethos und Klimakrise wird die „heißgelaufene“ Wirklichkeit als Folge globaler Überproduktion – ganz besonders in den Sommermonaten der Ausstellung – unmittelbar nachvollziehbar.

 

Surface Treatments – 150 Jahre Zeit nimmt die Villa Merkel kritisch in den Blick, vermittelt künstlerisch 150 Jahre ortsspezifisches Zeitgeschehen und sensibilisiert für das Fortschreiben einer Geschichte der Arbeit als Geschichte der Ausbeutung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gefördert durch die Baden-Württemberg Stiftung, die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen und die Stadtwerke Esslingen am Neckar

 

 

 

 


Surface Treatments – 150 Jahre Zeit,  Courtesy Ann-Kathrin  Müller, Julia Schäfer,  Judith Engel © VG  Bild-Kunst, Bonn 2023Surface Treatments – 150 Jahre Zeit,  Courtesy Ann-Kathrin  Müller, Julia Schäfer,  Judith Engel © VG  Bild-Kunst, Bonn 2023Surface Treatments – 150 Jahre Zeit,  Courtesy Ann-Kathrin  Müller, Julia Schäfer,  Judith Engel © VG  Bild-Kunst, Bonn 2023Surface Treatments – 150 Jahre Zeit,  Courtesy Ann-Kathrin  Müller, Julia Schäfer,  Judith Engel © VG  Bild-Kunst, Bonn 2023Surface Treatments – 150 Jahre Zeit,  Courtesy Ann-Kathrin  Müller, Julia Schäfer,  Judith Engel © VG  Bild-Kunst, Bonn 2023

13. Mai – 16. Juli 2023

 

Julika Rudelius
...in the days of the bullies


Eröffnung: 12. Mai 2023, 19 Uhr


...in the days of the bullies präsentiert eine Werkauswahl der letzten 20 Jahre der Videokünstlerin Julika Rudelius (*1968) und ist als thematische Retrospektive ihres künstlerischen Schaffens angelegt. Fokus liegt dabei auf der Darstellung menschlicher Psyche und dem jeweiligen Selbstverständnis in verschiedensten sozialen Situationen, sowie auf den Auswirkungen patriarchaler Strukturen auf unser gesamtes gesellschaftliches Handeln. Bereits Anfang der 2000er begann Rudelius die Denk- und Verhaltensmuster von oftmals männlichen Jugendlichen und Erwachsenen zu dokumentieren. Mal augenscheinlich intim, mal beinahe erschreckend ehrlich, teilen sie ihre Haltungen, Meinungen sowie sexuelle Fantasien und bestätigen die Betrachtenden in dem, was diese ohnehin von jenen vermuteten – eine Wechselwirkung von Fremd- und Selbstwahrnehmung, die ein Selbstverständnis formuliert und gleichzeitig ein Spiegelbild der Betrachtenden im Subjekt erzeugt.
Durch inszenierte Intimität, ungefilterte Meinungen und eine vermeintliche Wahrheit, scheinen bekannte Vorurteile eine Bühne zu bekommen. Allerdings geschieht dies um ihren gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Einfluss und ihre gefährliche Wirkmächtigkeit vorzuführen und gleichzeitig zu hintergehen. So sehr die Protagonist:innen in Rudelius Werk zur Projektionsfläche unserer eigenen Ansichten, Einstellungen und Vorurteilen werden, sind sie auch zugleich nur ein Produkt dieser Ordnung.


Julika Rudelius lebt und arbeitet in Amsterdam als auch in Köln und arbeitete bereits in den USA und China. Überall wo sie lebt, beobachtet sie und dokumentiert ihr Umfeld. Eine Gruppe Jungs im Zug in Amsterdam, die über Mädchen reden oder die menschliche Zuneigung zu Waffen – Szenen die ihr auffallen, sie irritieren oder verstören, rekonstruiert sie mit subtiler Manipulation des Settings und dem Gesprochenen, so dass ihre Videoarbeiten zwischen Dokumentation und Fiktion oszillieren und doch eine vertraute, wenn auch manchmal grausame, Realität präsentieren. In der Entwicklung von Rudelius Arbeiten der letzten Jahre wird der Blick auf die von patriarchalen Ordnungen geprägten Strukturen intensiver, intimer und zu gleich allgemeiner. Gestik, Mimik und Sprache, die bestätigt und verängstigt, bekannt und doch befremdlich wirkt, was zugleich die Betrachtenden ermächtigt ihr Verhältnis zu sich und der Welt in einem größeren Kontext eines Systems zu sehen, in dem die Macht von despotischen Figuren und sogenannten bullies, sowie hierarchische Strukturen sichtbarer werden.
...in the days of the bullies ist nicht nur eine Ausstellung, sondern auch offener Diskussionsraum. Gepaart mit Führungen, Vorträgen und einer thematischen Auswahl an Arbeiten aus der Graphischen Sammlung der Stadt Esslingen, lädt der Besuch zum Austausch über die eigene Prägung sowie Denk- und Verhaltensmuster ein.

 

Kuratiert von Johannes Kaufmann

 


Mit freundlicher Unterstützung des Königreichs der Niederlande


Bitte beachten Sie: Die in dieser Ausstellung gezeigten Arbeiten thematisieren Inhalte im Kontext von Macht, deren Sprache, Herrschaft, Sexualität, Waffen und den Grenzbereichen des Missbrauchs.


Julika Rudelius, Clinging, 2019, Bleistift auf Papier, Courtesy Galerie Elisabeth und Reinhard HauffJulika Rudelius, Rites of Passage, 2008Julika Rudelius, It is true because I feel it, 2021Julika Rudelius, Train, 2001, VideostillJulika Rudelius, Layers of Sentiment, 2023

12. Februar – 23. April 2023

 

DONG – MODE MUSIK YAK

 


Die Ausstellung DONG – MODE MUSIK YAK zeigt eine Einzelpräsentation des Mode- und Musikfotografen Axl Jansen. Das Ausstellungskonzept in der Villa Merkel ist eine Zusammenarbeit des Fotografen mit dem Gestalter und Verleger Uli Schwinge.

 

Grundlage für das Projekt ist das Werkverzeichnis von Axl Jansen (DING). Es enthält auf über 1.100 Seiten eine unkommentierte Rückschau auf dreißig Jahre Arbeit des Fotografen mit Reisen, Begegnungen, Musik, Geschichten, Mode, Style und viel subversivem Witz. Als Remix wird das DING in der Villa Merkel zum begehbaren und interaktiven Magazin. Frei nach dem von Axl Jansen ebenfalls fotografierten Musiker Falco: OUT OF THE DING – INTO THE DONG.

 

Axl Jansen (*1965, lebt in Berlin) ist ein Mode- und Musikfotograf, der seine fotografische Karriere in den neunziger Jahren in Stuttgart begann. Er wurde unter anderem durch eine Kampagne des Stuttgarter Magazins „Lift“ mit stadtbekannten Gesichtern wie Rezzo Schlauch oder den Fantastischen Vier bekannt. Er fotografierte zahlreiche Musiker wie Freundeskreis, Tic Tac Toe, die Leningrad Cowboys, Nina Hagen oder Moby.


Axl Jansen erlangte auch im Mode- und High Fashion-Bereich schnell an Bekanntheit und arbeitete in Berlin, London und Paris. Er fotografierte eine preiskgekrönte Kampagne (Holys) für Hugo Boss für die beispielsweise Derrick oder Marc Almond Model standen. Axl Jansen ist in Deutschland, Frankreich und darüber hinaus für Modelabel wie Chanel, Yamamoto, Dior und Gaultier tätig.

 

Die Ausstellung wird von Veranstaltungen und einem Vermittlungsprogramm begleitet. Es finden Gesprächsrunden mit Journalist:innen zu Musikströmungen der neunziger Jahre und mit Modeexpert:Innen zu nachhaltiger Mode statt. In Kooperation mit dem Kommunalen Kino Esslingen wird außerdem eine Kinoreihe mit Gesprächen präsentiert.

 

2004 gründete Axl Jansen gemeinsam mit Nicole Hardt, Katja Schlegel und Kai Seifried das Magazin Dong. Es bot die ironische Antwort auf die aalglatten Modehefte dieser Jahre. Es folgte eigenen Regeln und erfand sich als eigenständiger Raum, in dem Affekt und Selbstreflexion Hand in Hand gehen. Bis 2008 wurden sieben Ausgaben von Axl Jansen und Nicole Hardt als gemeinsame Herausgeber veröffentlicht.



Mai 2014 - Februar 2023

 

Mobiler Garten

 

von Lois Weinberger


Der Mobile Garten des östereichischen Künstlers und Documenta-Teilnehmers Lois Weinberger war von Mai 2014 - Februar 2023 vor dem Wintergarten der Villa Merkel eingerichtet. Er kontrastierte in seiner Wildheit den umgebenden Merkelpark, dessen gepflegte Anlage an englische Landschaftsgärten erinnert.

Ein geformtes Feld aus gelben, mit Substrat befüllten Kunststoffkübeln wurde den freien Kräften der Natur überlassen. In spontaner Besiedlung griffen mit der Zeit Pionier- und Ruderalpflanzen Raum. Natur entfaltete sich entsprechend ihrer eigengesetzlichen Dynamik und in geradezu paradiesischer, da freier Weise. Mit den Jahren begann dieser natürliche Prozess einer Besiedlung umzuschlagen in eine Form des Vergehens:


Nach und nach blichen die Kübel aus, zersetzen sich. Die Kunststoffpartikel vermengten sich mit dem Substrat und den Pflanzen und nach Dekaden sollten Niederschläge die Standfläche wohl wieder sauber gespült haben.

Der Mobile Garten von Lois Weinberger ist eine essentielle Form der Auseinandersetzung mit Natur. Wir kennen Gartenanlagen, die auf Erträge zielen und gleichermaßen solche, die angelegt sind als Glück stiftende Orte der Kontemplation. Dem Paradies gegenüber stehen etwa der Nutzgarten, der barocke Lustgarten oder als eine Oase in der Stadt der Volksgarten – in Esslingen namentlich die Maille und der Merkelpark.


Lois Weinberger wässert den Mobilen Garten, Foto: Daniela WolfLois Weinberger, Mobiler Garten, 2014, Foto: Daniela WolfLois Weinberger, Mobiler Garten, 2018, Foto: Daniela Wolf

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